Erfurt
Projektbeschreibung „Berliner Platz / Rieth“
Seit 2015 ist das ThINKA-Projekt mit zwei Anlaufstellen, dem Stadtteiltreff Berolina am Berliner Platz und dem Stadtteilbüro Rieth im Erfurter Norden vertreten. Das ThINKA Projekt untergliedert sich in drei verschiedene Bereiche: Beratung, Netzwerkarbeit und Begegnungen und Veranstaltungen. Weiterhin unterstützen wir konkret in beiden Stadtteilen die Integrations- und Willkommensarbeit. Die Bewohner:innen werden vor Ort über eine freiwillige und kostenfreie Einzelberatung und durch aufsuchende Sozialarbeit bei unterschiedlichen Themen unterstützt. Ebenso werden Angebote für die Stärkung persönlicher Kompetenzen geschaffen und ein stadtteilbezogenes Ehrenamt gefördert. Anwohner:innen werden über stadtteilbezogene Angebote motiviert, selbst aktiv zu werden und sich so näher mit ihrem Quartier auseinanderzusetzen. Aus diesen Impulsen heraus entstand zum Beispiel im Sommer 2021 ein ehrenamtlich geführtes Café im Stadtteiltreff Berolina. Weiterhin stehen im Fokus partizipative Projekte und die Etablierung von selbstorganisierten Gruppen. Neben der Initiierung eigener Angebote öffnen sich die Standorte für bereits bestehende Aktivitäten. Eine Erweiterung und transparente Darbietung des soziokulturellen Angebotes im Quartier wird gefördert. Ein weiteres Ziel von ThINKA Erfurt ist es, Akteur:innen in beiden Stadtteilen – von Kindern bis Senioren mit Anwohner:innen zusammen bringen. Hierzu haben wir Stadtteilkonferenzen und themenbezogene Netzwerkrunden, z.B. eine Stadtteilrunde mit weiteren Arbeitsgruppen aufgebaut und entwickeln diese stetig fort. Diese bieten die Möglichkeit gemeinsam Themen zu besprechen, Kooperationen aufzubauen und Veranstaltungen zu organisieren. Durch die Moderation der Netzwerke sollen die Kommunikationskultur gefördert, spezifische Bedarfe je Stadtteil in den Fokus genommen und das Hilfenetz vor Ort engmaschig gehalten werden.
Sozialräume
Die Plattenbaugebiete Berliner Platz und Rieth im Erfurter Norden gehen unmittelbar ineinander über. Auf einer Fläche von 1,21 Quadratkilometer leben rund 12.293 Menschen in verschiedenen Großwohnblocks, Punkthochhäusern und kleineren Wohnblocks.
Die Zentren der Wohngebiete bestehen im Rieth aus einem Begegnungsort am Platz der Völkerfreundschaft und am Berliner Platz aus einer autofreien Fußgängerzone, die zu DDR-Zeiten als städtebauliches Vorbild galt. Die ehemals preisgekrönten Quartiersmittelpunkte wurden im Zuge der Städtebauförderung neu- und umgestaltet. Umgeben sind beide Gebiete von großzügigen Grünflächen entlang der Flussauen der Gera. Die nördliche Geraaue wurde in den Vorbereitungen der Entwicklung der BUGA 2021 in Erfurt einbezogen und geplant. Es fand in den letzten vier Jahren eine umfangreiche Sanierung und Renaturierung der gesamten nördlichen Geraaue statt. Mit der offiziellen Eröffnung im April 2021 laden die neugestalteten Grünflächen, Parkanlagen und Spielflächen zum Verweilen ein.
Die Bevölkerungszahl hat sich nach einem starken Rückgang in den 1990er Jahren wieder stabilisiert. Im Vergleich zum gesamtstädtischen Raum weisen die Quartiere demografische und soziale Herausforderungen auf. Der Altersdurchschnitt liegt zwischen 45 und 47 Jahren (gesamtstädtisch liegt der Durchschnitt bei 44,5 Jahren), 19% am Berliner Platz und 28 % der Bewohner:innen sind Personen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Themen wie Arbeits- und Langzeitarbeitslosigkeit, das Fehlen von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und damit einhergehender Überschuldung, Altersarmut, gesundheitliche Probleme, Suchtprobleme, soziale Isolation, Rassismus sind sowohl am Berliner Platz als auch im Rieth vorhanden.
Zielgruppe
alle Anwohner:innen des Quartiers unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Glaube.
Ziele
- Identifizierung der Ressourcen, Bedarfe und Potenziale der Sozialräume
- individuelle Hilfen im Einzelfall im direkten Lebensumfeld
- Aktivierung der Bewohner:innen durch Hilfe zur Selbsthilfe
- Verbesserung des Zuganges zu den lokalen und städtischen Unterstützungsstrukturen
- Erschließung und Unterstützung der sozialräumlichen Netzwerkstrukturen
Projektbeschreibung „Johannesplatz“
Sozialraum
Der Stadtteil Johannesplatz ist das älteste Plattenbaugebiet Erfurts, mit dem viele Generationen von Erfurter:innen eine eigene Geschichte verbinden. Auf einer Fläche von 43 ha wohnen hier gut 5.200 Einwohner:innen, davon jede:r Fünfte in einem Einpersonen-Haushalt, etwas mehr als jeder dritte Haushalt ist ein Rentnerhaushalt. Der Anteil von Personen mit nichtdeutscher Herkunftssprache macht rund 20% aus. Sehr hoch ist auch der Anteil von Kindern im SGB-II-Bezug. Er beträgt über 50% und nimmt einen Spitzenwert in Erfurt ein. Seit 2015 hat es grundlegende Veränderungen in der Bewohner:innenschaft gegeben. Durch den Zuzug von Familien mit Flucht- und Migrationshintergrund hat sich die soziale Zusammensetzung in relativ kurzer Zeit so stark verändert, wie in Jahrzehnten vorher nicht. Das macht zum einen eine akute Integrationsproblematik deutlich und zum anderen ergeben sich Herausforderungen an eine neu zu (er)findende Nachbarschaft.
Das gesamte Viertel befindet sich in einer Umbruchsituation, die auch äußerlich nachvollziehbar ist. Die ursprüngliche Infrastruktur ist durch Abbruch und Rückbau weitgehend verschwunden. Die Wohnbebauung besteht überwiegend aus 5-Geschossern und Punkthochhäusern. Der Johannesplatz war der Prototyp eines modernen Wohnungsbauprogramms, das neben Wohnkomfort auch eine soziale Infrastruktur bereithielt, die von der Arztstation über eine Schulspeisung und Wohngebietsgaststätte bis zur Kaufhalle und öffentlichen Treffpunkten reichte. Heute finden die Bewohner:innen nicht mehr alle Angebote vor, es fehlen Begegnungsstätten und sie müssen zur Deckung vieler Bedarfe auf die angrenzende Magdeburger Allee oder angrenzende Stadtgebiete, besonders die Innenstadt, ausweichen.
Zielgruppe
alle Anwohner:innen der beiden Quartiere unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Glaube.